Freitag, 22. Juli 2022

The Lurkers - Fulham Fallout

 

The Lurkers – Fulham Fallout

Beggars Banquet 1978

Musikhistorisch stehen sie allgemein wohl in der dritten Reihe der Punk-Bands, auch wenn sie 1976 zu den ersten zählten, die im legendären Londoner Roxy-Club auftraten. The Lurkers spielten schon damals als Support für „Eater“ oder „Slaughter + The Dogs“, die auch nicht unbedingt als Vorzeige-Acts des Punks haften blieben.

Sie waren auch die ersten, die beim neu gegründeten Beggars Banquet-Label unter Vertrag genommen wurden, und veröffentlichen dort die Single „Shadow“. Bereits damit holten sie sich ihren Sticker als „British Ramones“ ab. Was sie mit den New Yorkern teilten, waren eingängige Melodien und unzeitgemäße Frisuren. Allerdings fehlte ihnen der 60er-Pop-Charme, der den Sound der Punk-Urväter mitprägte, was sie mit der Aggressivität von Londoner Vorstadtjugendlichen kompensierten. Eine US-Referenz setzen sie allerdings gekonnt ein: Als sechsten Song auf „Fulham Fallout“ covern sie den Crystals-Hit aus 1961 „Then he kissed me“, den die Beach Boys später zu „Then I kissed her“ machten. Punk-typisch mutieren sie den Songtitel hier zu „Then I kicked her“. Wozu die Crystals allerdings 2 Minuten und 37 Sekunden brauchten, knüppeln die Londoner in eineinhalb Minuten herunter. Noch Fragen?

Musikalisch waren die „Lurkers“ also alles andere als „Schleicher“. Schon die ersten 30 Sekunden des Debutalbums „Fulham Fallout“ machen klar, was den Hörer erwartet: „Ain´t got a clue“ beginnt mit einem Schlagzeug nahe an der Schallgeschwindigkeit, darauf setzt sich ein primitives, aber hochwirksames Gitarrenriff und dann folgt eine eingängige Hookline, deren Text man am besten gleich wieder vergisst. „Is it true? What will I do? Ain´t got a clue.” Man kann es natürlich auch als auf drei kurze Sätze kondensierte Punk-Philosophie verstehen.

Noch eindeutiger ist der Text beim letzten Track der ersten Seite: „Gotta go. Let´s go. Go, go, go, go.“ Mehr ist nicht. Und doch zählt das Fast-Instrumental dank eines genialen Riffs, das „Let´s go“ auf den Punkt umsetzt, für mich zu den Highlights des Punks. Selbst das absolute No-Go eines Gitarrensolos mit Feedback setzen die Lurkers hier ein und es funktioniert bestens.

44 Jahre ist dieses Album nun alt und noch immer setzt allein das Lesen von Songtiteln wie „Shadow“, „Be my prisoner“ oder „I´m on heat“ sofort eine Melodie in Gang, zu der man am liebsten auf der Stelle Pogo tanzen möchte. Die Kniegelenke haben jedenfalls unter den 44 Jahren mehr gelitten als dieses Album.


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