The Thermals – The body the blood the machine
Sub Pop 2006
Wir schreiben das Jahr 2006. Der Zusatz Anno Domini ist in diesem spezifischen Fall auch angebracht. Punk ist 30 Jahre alt geworden und wie hieß es damals? Traue keinem über 30.
In der Tat hatten sich im Punk 2006 schon ernste Alterserscheinungen eingestellt. Anfang der 90er wurde Grunge sehr viel cooler als die alten Punks und die neuen Punkbands der 90er wie Green Day, Offspring oder Sum 41 machten eher Pop als Punk. Und dann kam auch noch Emo. Nur noch ein paar Unverbesserliche wie NOFX, Rise Against oder Bad Religion hielten die Reste der ehemaligen No-Future-Bastion.
The Thermals, ein US-Trio aus Oregon, hatten bereits zwei Alben herausgebracht, das erste davon in der Küche mit einem Kassettenrekorder produziert und das zweite Album klang nur ein klein wenig professioneller. Immerhin wurden sie bei Sub Pop unter Vertrag genommen, einem Label, bei dem auch Nirvana oder Soundgarden ihre ersten Werke veröffentlichten.
Drei Jahre nach ihrer Gründung erschien dann, was die Thermals selbst „their first masterpiece“ nennen, und diese Einschätzung ist nicht im Geringsten übertrieben. Sie erhielten Zugang zu einem ordentlichen Studio und Brendan Carty von Fugazi produzierte. Es muss ja nicht jedes Stück Musik im Kleiderkasten aufgenommen werden, um Street Credibility aufzuweisen.
Textlich waren die Thermals immer eine politische Band und diesmal nahmen sie sich sogar ein dystopisches Konzeptalbum vor: Sie erzählen die Geschichte eines jungen Paares mit Baby auf der Flucht, da die USA in dieser Zukunft von faschistischen Christen regiert werden.
Der erste Ton auf dem Album klingt dann auch nach Kirchenorgel, bevor dann die Gitarrenakkorde einsetzen und die Zeilen „God reached his hand down from the sky, he flooded the land, then he set it afire. He said „Fear me again. Know I´m your father. Remember that no one can breathe underwater. So bend your knees and bow your heads, save your babies, cause here´s your future.” Und – ohne viel zu verraten – es wird nicht mehr besser für die drei.
Musikalisch oszillieren diese 36 Minuten zwischen Garagen-Punk und Indie-Pop. Nicht alles wird hingebrettert, sondern auch mal kurz Tempo rausgenommen, aber es sind durchgehend exzellente und eingängige Songs, die dennoch die Spannung halten und auch 15 Jahre später nichts von ihrer Qualität und Wirkung verloren haben. Das Gitarrenriff von „Returning to the fold“ beispielsweise ist so einfach und doch so druckvoll, so vorwärtsziehend in Richtung Tor, wie es in der höchsten Spielklasse des Punks sein soll. In den vergangenen 25 Jahren können in diesem Genre höchstens noch „Stranger than fiction“ und „No substance“ von Bad Religion an dieses Album heranreichen.
Und in Bezug auf die Aktualität schreiben die Thermals 2016 auf ihrer Website: „Die USA feiern das zehnjährige Jubiläum von „The Body The Blood The Machine“ durch die Wahl des schlimmsten Präsidenten in der US-Geschichte und setzen damit die Ereignisse in Gang, die dieses Album vorhergesagt hat.“ Vier Jahre lang sollten sie fast Recht behalten. In „Pillar of salt“ findet sich dann auch der Satz „We built too many walls…“
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