Samstag, 12. März 2022

Tyla Gang - Yachtless

 

Tyla Gang – Yachtless

Beserkley 1977 

In den ersten 15 Sekunden dieses Albums reißt Sean Tyla drei Akkorde aus seiner Rhythmusgitarre, dann setzen Schlagzeug, Bass sowie Leadgitarre ein und man weiß eindeutig, wohin die Reise geht: schnurstracks zur Biertheke! Beim Refrain hat man das erste Pint runtergestürzt und kann bereits mitgröhlen: “Standing in the middle of the hurricane”. 

Yachtless ist britischer Pub-Rock pur, auch wenn die Tyla Gang ihr erstes Album auf dem neuen US-Independent-Label Beserkley veröffentlichte, bei dem unter anderem auch Jonathan Richman oder Greg Kihn unter Vertrag standen.  

Yachtless steht, so eine kleine Anmerkung am Innencover, für “severe lack of funds”. Tyla hatte nach der Auflösung der Pub-Rock-Pioniere Ducks Deluxe eine veritable Durststrecke (und das ist für Pub-Rock natürlich besonders schlimm!), bevor er mit eigener Band einen Plattenvertrag an Land ziehen konnte.  

Dabei half ihm – trotz Vollbart und Baskenmütze – die unbeabsichtigte Nähe zur aufkommenden Punk-Bewegung, da er im Sommer 1976 gemeinsam mit The Damned beim legendären Mont-de-Marsan-Festival auftrat. Auf der Rückreise verpasste er dem Bassisten der Damned auch noch seinen Künstlernamen, genau genommen taufte er ihn auf diesen Namen. Raymond Burns, wie der Captain damals noch hieß, saß mit Eiern in den Haaren im Bus und Tyla machte sich Sorgen um die Einreise. Also steckte er dessen Kopf in eine Kloschüssel, um ihm die Eier aus den Haaren zu waschen, und rief angesichts dessen Widerwehr: “Oi, Captain Sensible, sieh zu, dass Du den Dotter aus den Haaren kriegst, oder ich stecke Deinen Kopf ganz in die Schüssel und spül Dich runter.” Britische Pubs stehen eher nicht im Ruf, die Erziehung zum Gentleman zu vervollkommnen, aber Sean Tyla brachte geschätzte 90 Kilogramm Kampfgewicht auf die Waage, und hatte offensichtlich gelernt sich durchzusetzen. 

Mit der gleichen Sensibilität spielte die Tyla Gang ihr Debutalbum ein. Achtmal schnörkelloser Rock, dazu zwei langsamere Songs, und mit “Hurricane”, “On the street” und Young Lords” drei echte Kracher darunter. Das definierte die Musikwelt in keiner Hinsicht neu, aber es ist ein Pub-Rock-Highlight auf einer Höhe mit den besten Dr. Feelgood- und Graham-Parker-Alben. Besser wurde die Tyla Gang nicht mehr – außer sie spielte live. Dann gab es für die Zapfhähne keine Pause mehr.   





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