Samstag, 12. März 2022

Teena Marie - It must be magic

 

Teena Marie – It Must Be Magic

Motown 1981

Heute muss ich zum ersten, aber nicht zum letzten Mal den Begriff „Rock“ etwas erweitern. Wenn man die junge Dame am Cover sieht – blonde Locken, geblümtes Kleid und ein Zauberstab in der Hand – denkt man vermutlich an zarten Folk, möglicherweise Abteilung Singer-Songwriter mit der akustischen Gitarre in den empfindsamen Händen.

Singer und Songwriter stimmt tatsächlich, aber aus den Rillen kommt der schärfste Disco-Funk diesseits von Detroit. Kein Wunder, dass sowohl der Motown-Gründer Berry Gordy als auch sein damaliger Leiter des Funk-Departments, Rick James, auf die erst 20-jährige Mary Cristine Brockert aufmerksam wurden. James Interesse galt bald nicht nur den musikalischen Fähigkeiten der jungen Kalifornierin und Gordy nahm „Lady T“, wie sie bald hieß, als erst zweite weiße Sängerin nach Kiki Dee unter Vertrag. Dort erhielt sie mit „Vanilla Child“ gleich noch einen zweiten Spitznamen, doch sie schaffte es als Vanilleweiße bald in die Black Album Charts.

„It must be magic“ ist ihr viertes und bestes Album, obwohl sie drei Jahre später mit „Starchild“ und der Single „Lovergirl“ deutlich erfolgreicher war. Schon im Eröffnungstrack machte Lady T, die das Album auch produzierte, alles klar: Eine schnelle Synthie-Fanfare schießt heraus, die Streicher setzen ein und dann böllern Bass und Synth-Drums los. „It must be magic, Baby, cause it feels so good“. Genauso ist es. Die Rick James-Band macht das, was sie am besten kann, und keine Geringeren als die Temptations singen background.

Besser wird es trotzdem noch.  Man wendet die Platte und Lady T bietet „Square Biz“. Ein paar Monate nach Debbie Harrys „Rapture“ beginnt sie sogar zu rappen und macht dabei bella figura. Doch sie kann nicht nur Uptempo-R+B, sondern auch gefühlvolle Balladen wie „Portuguese love“, bei der sich Rick James selbst zu ihr gesellt. Lediglich der jazzige Abschluss mit „Yes indeed“ fällt etwas ab, aber „It must be magic“ bietet insgesamt feinsten 80er-R+B.

In den USA war Teena Marie durchaus erfolgreich, in Europa blieb ihr hingegen sowohl Anerkennung als auch der entsprechende Erfolg weitgehend verwehrt. Verspätete Anerkennung wird sie auch nicht mehr erreichen können, denn 2004 wurde sie in einem Hotelzimmer fast von einem herabfallenden Bilderrahmen erschlagen, und sie starb sechs Jahre später vermutlich an den Spätfolgen.

Ich bette wieder zwei YouTube-Videos ein, aber ich kann mich nur wiederholen: Diese Musik fährt in die Beine und in den Bauch, aber dazu braucht sie die Wiedergabe der Bässe über etwas deutlich Besseres als einen PC-Lautsprecher.




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