Samstag, 12. März 2022

West, Bruce & Laing - Why dontcha

 

West, Bruce & Laing – Why dontcha

Polydor 1972



West, Bruce & Laing war der Versuch, eine weitere „Supergroup“ zu formen, was in den 1970ern einige Male gelang. Jack Bruce genoss als Bassist von Cream damals nahezu unbegrenzten Ruhm, wurde 1971 von einigen Blättern wie „Sounds“ zum weltbesten Bassgitarristen ernannt, und Leslie West sowie Corky Laing von der US-Cream-Epigonenband Mountain standen Ende 1971 plötzlich ohne Bassisten da, als ihr Gründungsmitglied Felix Pappalardi seine Heroinsucht nicht mehr kontrollieren konnte. Pappalardi hatte aber als Produzent einiger Cream-Alben besten Kontakt zu Bruce und so sprang dieser für Pappalardi ein.

Ein neues Power-Trio war geboren, auch wenn es nur eine Lebenszeit von eineinhalb Jahren haben sollte. „Why dontcha“, das Debutalbum der Band, klingt auch weitgehend wie ein Mountain-Album und das ist durchaus als Kompliment gemeint. Genau genommen klingt es wie eines der besten Mountain-Alben.

Es handelt sich um fast 40 Minuten Hard Rock. Und zwar die Sorte Extrahart. Es geht fast immer in die Vollen – selbst die beiden Balladen „Out into the fields“ und „While you sleep“ beginnen zwischendurch zu dröhnen. Lediglich der Abschlusstrack „Pollution Woman“ ist eingängiger, radiotauglicher Soft Rock.

Was den Sound von W B & L auszeichnet, ist das melodieführende Bassspiel. Das funktionierte auch mit Pappalardi nach dem gleichen Muster, aber mit Jack Bruce griff einer der Grössten seines Faches in die vier Seiten. Wir reden hier nicht von bravem, unauffälligen Gezupfe wie bei Paul McCartney oder Bill Wyman, sondern von Bassspiel, das der Gitarre immer wieder auf gleicher Höhe begegnet. Auch in der Lautstärke. Das beherrschte damals höchstens noch John Entwistle von „The Who“.

Dass hier drei Virtuosen am Werk sind, beweist man auch, indem Bruce fallweise Piano oder Mundharmonika beisteuert, Laing als Drummer die Lead Vocals übernimmt oder West die Violin Guitar auspackt und statt Plektron plötzlich mit dem Geigenbogen arbeitet. Die stärksten Tracks sind wohl der Titelsong und der brutal vorwärtsstürmende „The Doctor“. Who? Der mit dem Bass-Solo im Tiefflug.

Dass die Rockmusik dieser Zeit knietief im Blues stand, beweisen Tracks wie „Third degree“ oder „Love is worth the Blues“, wo am Ende Leslie West seine Gibson Les Paul vorwärtsrocken lässt und Bruces Bass davongaloppiert. Ganz grosses Kino.

Ein schwächeres Studio- und ein Live-Album sollten noch folgen, dann hatte der Heroin-Konsum auch die anderen zu sehr in der Gewalt, um weitermachen zu können.

Es ist eigentlich selbstverständlich, aber zur Sicherheit sei angemerkt: Diese Musik funktioniert nicht wirklich über YouTube. Hier müssen die Basslautsprecher bis an die Belastbarkeitsgrenze der Boxen und der Nachbarn dröhnen. Diese Musik muss man nicht nur hören, sondern auch fühlen.

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