Electric Six – Fire
XL Recordings 2003
Die Zeiten sind ja zuletzt oft trist genug. Umso mehr besteht ein Bedarf nach Rockmusik, die verlässlich gute Laune machen kann und sich selbst nicht allzu ernst nimmt. Ein einziger Bono ist mehr als genug für die Welt.
In der Abteilung „Gute Laune“ spielen Electric Six ganz oben mit und in ihrem Oeuvre ist es vor allem ihr Debut „Fire“, das heraussticht. 1996 in Detroit gegründet, brauchte die Band sieben Jahre, bis sie zu einem ersten Album kam. Zeit genug, um jede Menge tolle Songs anzusammeln.
Vermutlich gibt es so etwas wie Comedy-Metal-Disco-Rock nicht, aber Electric Six legen Heavy-Metal-Gitarren über Disco-Beats, wechseln zwischen Stadionrock und funkigen Basslines im 15-Sekunden-Takt oder mischen sie einfach. Jede einzelne Zutat ist bekannt und doch hat man so etwas noch nie gehört. Sie bewegen sich im Viereck zwischen Kiss, !!!, Tenacious D und Village People – und das in ziemlichem Tempo. Sie spielen mit Rock- und Disco-Klischees, fügen sie in neuem Kontext zusammen. Die Schrauben, die es bei ihnen zusammenhalten sollen, sind locker, im Gesicht dominiert das ironische Grinsen und Zurückhaltung gibt es keine. Schon gar keine vor schlechtem Geschmack. “I wanna take you to a gay bar. Let´s start a war, start a nuclear war, at the gay bar. I´ve got something to put in you, at the gay bar.”
Und plötzlich können sie auch ziemlich zynisch werden: „I dropped the bomb on Japan, I was a hostage in Iran, I´m an ugly American.“ Vier Zeilen später stoßen sie schon wieder die Grenzen des guten Geschmacks nieder: „I´ve got something better for ya – naked pictures of your mother.“
Obwohl Dick Valentine nicht wirklich singen kann, sondern mehr wie Till Lindemann bei Rammstein Parolen skandiert, sind die Melodien catchy und Songs wie „Danger! High Voltage“ oder „Gay Bar“ brennen sich für immer in die Neuronen und Synapsen. Dazu bratzen die Gitarren, macht der Bass einen auf Bernard Edwards meets Gene Simmons und die Synthies blubbern wie im Studio 54.
Im letzten, auch musikalisch etwas getrageneren Song liefern sie noch eine Maxime nach: „Be all that you can be, just as long as you are free, you were blind and now you see, that just is my techno.” Und falls es in dieser neutestamentarischen Techno-Heilung nicht ganz so weit gereicht haben sollte, haben diese 38 Minuten zumindest jede Menge Spaß gemacht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen