Blancmange – Mange Tout
London Records 1984
Im Synthie-Pop der frühen 80er-Jahre brauchte man keine große Band für einen vollen Sound: Soft Cell waren ebenso ein Duo wie OMD oder die späteren DAF in Deutschland. Auch Blancmange wurde als Duo gegründet: Neil Arthur war für den Gesang und fallweise die Klarinette zuständig, Stephen Luscombe für die Keyboards.
Wie die befreundeten Depeche Mode experimentierten auch Blancmange, benannt nach einem französischen Pudding, mit ihrem Sound. Was bei Depeche Mode dann in Richtung geschlagene Metallteile ging, fiel bei Blancmange etwas konventioneller aus. Das erste Album „Happy Families“ lag noch strikt im Synthie-Sound, doch zwei Jahre später wollten sie auf „Mange Tout“ das grosse Buffet auftischen. So kommen neben Streichern und Bläsern auch die indischen Instrumente Sitar, Santoor, Tabla und Madal zum Einsatz. Das ergibt alles einen reichen, vielfältigen Sound, der keine Monotonie zulässt. Ein wenig „quirky“, wie das auf Englisch heißt. Also verschroben, aber im positiven Sinn.
Verwandte Bands wie OMD oder Human League schafften es zu Weltkarrieren, Blancmange blieben – bestenfalls – eine im UK halbwegs erfolgreiche Band. Der naheliegende Grund wäre, dass die Qualität der Songs nicht mithalten konnte. Doch Titel wie „Don´t tell me“, „Blind Vision“ oder „That´s love that it is”, alle von der ersten Seite dieser LP, haben die gleiche Qualität wie Highlights von Depeche Mode oder den Thompson Twins. Und Neil Arthur singt auch noch ähnlich wie Dave Gahan von Depeche Mode. Sogar ein clever gemachtes Abba-Cover packten sie mit „The Day before you came” an den Schluss der zweiten Seite. Dem Original für mich deutlich überlegen, nur damit das ausgesprochen ist.
Alle Zutaten für den internationalen Erfolg waren also vorhanden, doch nach dem schlechteren dritten Album war – zumindest für fast 20 Jahre – Schluss, bevor sich Sänger Neil Arthur die Rente aufbessern wollte und sich selbst unter dem alten Namen reformierte. Noch erfolgloser natürlich.
Zumindest Moby, sonst nicht der Musiker meiner Wahl, scheint meiner Meinung zu sein – er schrieb auf Twitter: “Listening to Blancmange obsessively. Probably the most under-rated electronic act of all time.” Und wenn er Recht hat, hat er Recht, auch wenn er Moby ist.
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