Montag, 14. März 2022

Pylon - Gyrate

 

Pylon – Gyrate

Armageddon Records 1980

Athens, Georgia, ist eine Stadt mit etwas mehr als 100.000 Einwohnern am Oconee River. Wegen des Sitzes der Universität Georgias sind allerdings etwa ein Viertel dieser Einwohner Studenten. Das ist im Allgemeinen gut für die Musik-Kultur eines Ortes, Ende der 1970 er Jahre war diese Atmosphäre aber besonders produktiv: Ende 1976 entstand eine der unterhaltsamsten Bands der Rock-Musik, die B-52s, vier Jahre später eine der erfolgreichsten: R.E.M.

Genau dazwischen schlug dort auch die Geburtsstunde von Pylon, einer der eigenständigsten Bands des US-Rocks. Wieder einmal taten sich vier Kunststudenten, die keine Ahnung von Musik hatten, zusammen, um eine Band zu formen. Im Text des ersten Songs ist die Richtung ihrer Kunst bereits klar skizziert: „Forget the picture. Turn up the volume.“ Und der Bass gibt die Richtung vor.

Bereits die ersten vier Songs ihrer 10-Inch-EP waren formidabel, ein paar Monate später legten sie mit ihrem Debutalbum „Gyrate“ nach. Die Musik ist tanzbar, aber unkommerziell, funky im Gitarrenspiel und treibend im Bassspiel. Sie bewegt sich in der schmalen Schnittmenge zwischen Gang of Four und den B-52s. Auch die britischen Au Pairs sind ein passabler Anhaltspunkt. Sie selbst gaben Suicide und Cabaret Voltaire als Einflüsse an, arbeiteten aber im Gegensatz zu diesen gänzlich ohne Synthesizer.

Was sie jedoch mit Suicide gemeinsam haben: Pylon betreiben Minimalismus bis zum Anschlag. Wie später auch Helmet im Metal reduzieren sie den Sound auf das Unverzichtbare, bis fast nur mehr die Knochen sichtbar sind. Trotz aller Kargheit und des oft parolenartigen Gesangs von Vanessa Allison entstanden meist eingängige Songs, die fast immer auf den Bass-Riffs aufbauen. Die Texte bestehen häufig aus Imperativen, doch gerade als sie sich der ebenfalls bassgetriebenen Joy Division annähern, gehen sie zurück auf „Dance, dance, dance, if you want to“, während Ian Curtis in „Transmission“ „Dance, dance, dance to the radio“ skandierte.

1983 folgte noch ein etwas schwächeres zweites Album, doch einige Fans blieben ihnen über die Jahre. Sonic Youth beriefen sich später auf sie ebenso wie Interpol, Deerhunter oder Sleater-Kinney. Und als der Rolling Stone 1987 R.E.M. zur besten Band Amerikas ausrief, korrigierte R.E.M.-Drummer Bill Berry, das sei ja wohl Pylon. Wohl nicht zuletzt deshalb coverten die vier als Opener auf „Dead Letter Office“ auch den Pylon-Song „Crazy“.





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