Montag, 14. März 2022

Robbie Nevil - s/t

 

Robbie Nevil – s/t

Manhattan Records 1986

Es ist eine schon öfter erzählte Geschichte: Einigermaßen erfolgreicher Songwriter möchte es selbst als Interpret der eigenen Werke versuchen. Oft klappt es kaum, hier klappte es wunderbar.

Die Vorgeschichte: Weißer Junge lernt Gitarre, spielt in einer Cover-Band zuhause in Los Angeles, findet Gefallen an schwarzem Funk-Pop, beginnt Songs zu schreiben und siehe da: bewunderte Acts wie Earth, Wind + Fire oder die Pointer Sisters kaufen einzelne Songs.

Drei Jahre später bekommt er den Plattenvertrag als eigener Interpret und Produzent Alex Sadkin, der Erfahrung von Bob Marley über Joe Cocker bis Duran Duran mitbringt, hat endlich Zeit. Robbie Nevil hat zehn Songs und eine gewisse Vorstellung über den Sound im Gepäck.

Heraus kommt eine Mischung aus Pop, frühem R+B und Radio-tauglichem Funk, gewürzt noch mit einem Hauch Karibik und Latin Music. Für diese Zeit innovativ war der Einsatz von Marimbas und anderen damals exotischen Percussion-Instrumenten. Und der begabte Junge aus LA hat zwar keine große Stimme, kann aber wandlungsfähig singen. Vor allem aber zeigt sich, dass er mit seinen Songs kleine Perlen bis große Meisterwerke mitgebracht hat. Wie damals üblich werden Uptempo-Nummern mit Balladen ergänzt, doch bei Nevil sind es keine Füller.

Einen der mitgebrachten Songs hat er schon drei Jahre vorher an einen Gospel-Sänger namens Beau Williams gegeben, doch Robbie möchte ihn auch selbst aufnehmen. Es wird zu einem Percussion-Feuerwerk mit innovativem Sound und mächtigem Refrain. Einige Zeit ringen sie mit der Plattenfirma und tatsächlich wird der Second-Hand-Song die erste Single des Albums.

„C´est la vie“ marschiert in Folge bis auf Platz 2 der Billboard-Charts. Die beiden Folge-Singles „Dominoes“ und „Wot´s it to ya” sind nicht mehr so erfolgreich und das Album schafft es trotz des Hits „C´est la vie“ nicht in die Top 30.

Dennoch ist es auch 35 Jahre später noch ein funkelndes Pop-Meisterwerk, das sich nicht wie manche 80er-Produktionen mit der Zeit abgenutzt hat. Der Sound ist so vielfältig und für die damalige Zeit zukunftsweisend, die Rhythmen so packend und das Songwriting vor allem auf der ersten Seite so herausragend, dass es keinerlei Staub angesetzt hat. Vergessen wurde es dennoch.

Um Robbie Nevil muss man sich trotzdem keine Sorgen machen. Obwohl beide Folgealben floppen, schreibt und produziert er in Folge für Babyface, Jessica Simpson oder Destiny´s Child und wird später für Projekte wie Hannah Montana oder High School Musical angefragt. Irgendwie muss man schließlich die Familie versorgen und die Rechnungen zahlen.




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