Montag, 14. März 2022

Sandii & The Sunsetz - Immigrants

 

Sandii & The Sunsetz – „Immigrants“

Yen Records / Sire Records 1982

Wikipedia nennt es “Synth-Pop”, aber – bei allem Respekt vor Wikipedia und bei aller Zuneigung zu Synth-Pop à la Human League und frühe OMD – das klingt mir zu billig. Erstens: Spätestens, wenn Sängerin Sandii im ersten Song ihre Stimme als japanische Version von Kate Bush mit „We are young and we are sand“ auf ungewohnten Wegen in luftige Höhen schickt, greift mir „Synth-Pop“ zu kurz. Da entstehen Bilder im Kopf, die von fernöstlichen Mythen erzählen und nicht von kalten Robotern. Manchmal ziehen sogar japanische Naturgeister über den akustischen Himmel.

Auch in den Melodien finden sich typisch japanische Motive, die ebenso elegant integriert werden wie fallweises Trommelspiel im Taiko-Stil. So stehen die Songs teilweise auf fernöstlichem Rhythmus-Fundament. Sie können aber auch in Richtung Funk driften und Sandii fängt dann – ganz wie ihr Vorbild Debbie Harry – an zu rappen.

Zweitens: Die Sunsetz sind als klassische Rockband – Gitarre, Band, Drums – plus Keyboards aufgestellt und können bei Bedarf auch losbolzen.

Und drittens, wer 1982 als japanische Band David Sylvian als Background-Sänger gewinnen konnte, ist mehr als eine Pop-Band. Natürlich hat er eine Beziehung zu „Japan“, aber deshalb hätte er nicht gleich zu zwei Songs die Lyrics schreiben müssen.

Gesungen wird übrigens abwechselnd auf Englisch und Japanisch, aber auch zwei Ausflüge ins Französische finden sich auf dem Album.  So klingt „Illusion wanted“ wie ein noch ungehörter Blondie-Song und man fragt sich, warum Debbie Harry plötzlich Französisch singt.

Gegründet wurde die Band vom Produzenten Makoto Kubota, der die Japanisch-amerikanisch-hawaiianische Sängerin Sandra O´Neale in die Band holte. Sandra hatte zuvor in Japan einige kleinere Hits gehabt und auf dem dritten Album des Yellow Magic Orchestra mitgesungen. Dessen Bandleader, Haruomi Hosono, verpasste ihr wegen ihrer Jahre auf Hawaii den Namen „Sandii“.

„Immigrants“ ist ihr zweites und wohl bestes Album. Wer die Mitte im Dreieck Blondie – Japan (die Band) – Kate Bush mit starkem japanischem Einschlag (das Land) sucht, hier findet man die Antwort. Später hätte man das Ganze wohl Crossover genannt, aber spannende Musik zwischen zwei Kulturen reicht auch aus. Ich höre das Album jedenfalls nach knapp 40 Jahren immer noch voller Bewunderung und Vergnügen, denn es ist so viel mehr als „Synth-Pop“.





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