Sugar – Copper Blue
Rykodisc / Creation Records 1992
Ein Album von Bob Mould unbekannt zu nennen, ist natürlich nie wirklich zutreffend, immerhin hat der Mann zusammen mit Grant Hart Hüsker Dü gegründet. Und etwas von Bob Mould als Meisterwerk zu bezeichnen, ist fast eine Tautologie. Was sollte es denn bitte sonst sein? Wir sprechen hier schließlich von Bob Mould. Wenn der Mann nur über seine Gitarre drüber fällt, klingt das besser als 90% der heute erscheinenden Musik. Doch dieses Album – Copper Blue – ist für mich sein bestes in 42 Jahren und es erhielt nicht einmal ansatzweise die ihm zustehende Anerkennung. Es hat weder 50 Millionen Copies verkauft, noch wurde es mit Grammys überschüttet oder als das immerwährende Referenzwerk für eingängigen Alternative Rock in die Geschichte eingereiht. Ein Beweis für die Ungerechtigkeit im Kosmos.
Mould erfand 1979 mit Hüsker Dü den Alternative Rock (ja, ich weiß, die Pixies gab es später auch noch) und Nirvana schuldeten ihnen viel. Ironischerweise war es dann der Erfolg von Nevermind, der Mould den Weg zu einem neuen Plattenvertrag mit Rykodisc ebnete, nachdem ihn Virgin Records 1991 vor die Tür gesetzt hatte.
Die vermutlich blödeste Idee im Zusammenhang mit diesem Album war der Bandname Sugar für das Trio, nachdem Mould auf der Suche nach den beiden anderen Bandmitgliedern in einem Lokal für Waffeln als erstes ein Paket Zucker erblickte. Süß ist jedenfalls eines der letzten Adjektive, die man im Zusammenhang mit dieser Musik verwenden würde.
Sugar eröffnet das Album überraschenderweise mit dem schwächsten Song – also einem, bei dem sich andere Musiker nur alle zehn Finger abschlecken würden, hätten sie ihn geschrieben, aber noch nicht den linken Arm hergäben. Aber dann lässt His Bobness – fast gemächlich – „A good idea“ anrollen. Der Song steigert sich bis zum catchy Refrain mit der Wucht einer Dampframme und bringt einen abgründigen Text: „They went down to the river on a warm summer night, the air was thick with the smell of temptation. He said, why don´t we lay in the river, let the water run over me. And she grinned and said: Well that´s a good idea. He held her head high in his hands, he held her down deep in the stream. He saw the bubbles and matted hair, mixed in with seaweed. She started to scream: Was it something I said? That´s a good idea, he said, to be alone with you, he said.”
Und Mould lässt in Folge seine Breitwand-Gitarre weiter wüten: „Changes“ und „Helpless“, beides krachende Ohrwürmer, bevor er noch etwas drauflegt. „Hoover Dam“ müsste ins Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen werden, ein Fixstarter, wenn man drei Dinge auf eine einsame Insel mitnehmen darf. In diesem Song lässt man ihm problemlos den eingesetzten Synthesizer durchgehen, schließt direkt Freundschaft mit ihm. Dabei kommt der kommerziell erfolgreichste Track erst: „If I can´t change your mind“, wo Mould zusätzlich zu seiner Stratocaster eine 12-seitige akustische Gitarre einsetzt, schaffte es im UK immerhin auf Platz 30 der Single-Charts. Er hält sein Niveau bis zum Schluss – allein das krachende Intro zu „Man on the moon“ ist Gold wert.
Copper Blue kondensiert das Beste in Moulds Schaffen in zehn Songs – eingängige Melodien, die vorwärtsstürmende Gewalt seiner Riffs und die geradlinige, druckvolle Instrumentierung, die meist auf Lou Reeds Weisheit aufsetzt: „You can´t beat two guitars, bass and drums.“ Nur dass Mould sie lieber beide selbst spielt.
Auch wenn Hüsker Dü-Fans aufschreien werden – Copper Blue ist Moulds bestes Album. Neun von zehn Songs sind für die Ewigkeit. Krachende Ohrwürmer, die 30 Jahre nach ihrem Erscheinen noch immer so zwingend klingen wie bei ihrem Erscheinen.
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