Dienstag, 3. Mai 2022

 

Lizzy Mercier Descloux – Mambo Nassau

Phonogram 1981

Das zweite Album gilt in der Rockmusik allgemein als das schwierigste. Einige Künstler finden jedoch erst auf ihrem zweiten Werk zu ihrem Stil. Warren Zevon fällt mir spontan ein und selbst der große David Bowie lieferte zuerst ein unschlüssiges bis überflüssiges Debut ab, bevor er „Space Oddity“ auf die Theken der Plattenläden knallte.

Lizzy Mercier Descloux gelang mit ihrem zweiten Album sogar das beste ihrer Karriere und sie fand zu ihrem eigenen Stil. Die Französin ging 1977 mit ihrem Freund Michel Esteban auf der Suche nach echtem Punk von Paris nach New York. Esteban gründete dort das einflussreiche Label ZE Records (Contortions, Suicide oder Kid Creole!) und Mercier Descloux veröffentlichte bei ihm „Press Color“, ein mediokres Album zwischen frühen Talking Heads, Disco und No-Wave.

In Folge entdeckte sie ihre Liebe zur südafrikanischen Musik, schrieb dort einige Songskizzen und Island-Records-Boss Chris Blackwell schickte sie auf seine Kosten ins Studio nach Nassau, wo schon Grace Jones ihre Meisterwerke einspielte. Ihr zur Seite stellte er Wally Badarou als fallweisen Co-Autor, Keyboarder und Arrangeur, der vorher vor allem mit Level 42 arbeitete und später auch auf zwei Talking Heads-Alben mitwirken sollte.

Das passte wunderbar und heraus kam eine Art Percussion- und Bass-lastiger Fusion-Pop, in dem Badarous Keyboards die Melodien übernahmen. Mercier Descloux atmete viel vom Karibik-Feeling des Aufnahmeorts ein und so hört man Funk, Reggae und südafrikanische Elemente ineinander gewoben, als wären sie immer schon ein eigener Stil gewesen. Dazu haucht, zwitschert, trällert und kiekst Mercier Descloux in ihrer zauberhaften Mädchenstimme Texte auf Englisch mit etwas Französisch und Spanisch, ohne dass man jemals einen Sinn darin entdecken könnte.

Neun der Tracks sind Eigenkompositionen, lediglich „Funky Stuff“ von Kool + The Gang wurde als Cover aufgegriffen und klingt so, als wäre es nur für dieses Album geschrieben worden. Der Spaß, den die Musiker im Studio gehabt haben müssen, wird eins zu eins auf den Hörer transferiert. Auch 40 Jahre nach dem Erscheinen macht diese Musik, die in keine und gleichzeitig ein wenig in so viele Schubladen passt, jede Menge gute Laune. Und Lizzy Mercier Descloux fand beim nächsten Album gleich zu „Zulu Rock“.

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