TVT Records 1988
Auch Weltstars haben oft nicht gleich als solche begonnen. Bevor KLF 1989 und 1990 die weltweiten Charts mit Hits wie „Justified and Ancient“ oder „America: What time is love“ stürmten, versuchten sie sich unter dem Namen „Justified Ancients of Mu Mu“ – benannt nach einer Gruppierung aus der der Kult-Trilogie „Illuminatus!“.
Bereits zu Beginn kombinierten sie Dance- und House-Beats mit gesampelten Melodien konventioneller Hits – etwa von den Beatles oder Whitney Houston. Dann bedienten sie sich bei „Dancing Queen“ von ABBA und somit bei den Falschen, denn Bjorn und Benny verstehen überhaupt keinen Spaß, wenn es um ihr Geld geht. „Das Album „1987 – What the F..k is going on?“ wurde eingestampft beziehungsweise von den Künstlern selbst in der Nordsee versenkt.
Bill Drummond und Jimmy Cauty, die beiden Mitglieder der JAMS, machten dennoch mit ihrer Methode weiter. Sie wollten es sogar noch etwas kommerzieller angehen. Unter dem Namen „ The Timelords“ bedienten sie sich bei der im UK kultisch verehrten TV-Serie „Doctor Who“. Sie klauten das musikalische Titelmotiv, die Identität des Doctors (ein „Timelord“ von der Herkunft her) und packten auch sein Telefonzellen-Raumschiff, die „Tardis“, in den Titel. Nachgeahmte Ausrufe der Daleks („Exterminate!“) komplettierten den Rip-Off der TV-Ikone.
Doch damit nicht genug: Drummond und Cauty komponierten daraus keinen Song, sondern bedienten sich zusätzlich bei Gary Glitters „Rock´n´Roll, Part Two“ und setzten noch die Sirene und den „Ah-Ah“-Chorus von Sweets „Blockbuster“ obendrauf. So hört sich „Doctorin´the Tardis“ auch an. Ein wunderbares Stück britischer Glam-Rock, das köstlich unterhält und in keiner Sekunde ernst gemeint ist. In ersten Interviews erklärten sie, damit nichts weniger als einen „Nummer-Eins-Hit“ angestrebt zu haben. Die britische Musik-Presse erklärte das Stück als „ranzig“, doch die Plattenkäufer schickten es – auf Nummer Eins.
Damit noch immer nicht genug: Drummond und Cauty machten sich über ihren eigenen Erfolg lustig und veröffentlichten „The Manual“ – ein ironisches und lesenswertes Büchlein, wie man einen Nummer-Eins-Hit fabrizieren kann, ohne selbst Ahnung von Musik zu haben. Man klaue einen bekannten Song, lege einen Dance-Beat darunter und füge ein paar Zeilen eigenen sinnlosen Text dazu. Den Rest lasse man die Studiomusiker erledigen, denn die seien meist absolute Profis. Sie sahen sogar voraus, dass bald kein Studio mehr nötig sein werde, denn dies könne man künftig mit japanischer Technik von zuhause aus erledigen. Propheten am Werk! Die österreichische Band „Edelweiss“ hielt sich übrigens exakt an „The Manual“ und verkaufte weltweit von „Bring me Edelweiss“ fünf Millionen Stück.
„Doctorin´the Tardis“ erschien zwei Jahre später noch als CD-Single mit fünf Tracks und 27 Minuten Laufzeit. Neben dem obligaten 12“-Mix und einer Instrumental-Fassung gibt es darauf auch eine Version mit echten Gary-Glitter-Vocals unter dem Titel „Gary joins the JAMS“. Eine frühe Instrumental-Fassung ihres späteren Welthits „What time is love“ komplettiert dieses wundervoll unterhaltsame Stück Musik.
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