Kossoff – Back Street Crawler
Island Records 1973
Er spielte das klassische Riff von „All Right Now“. Er lieferte sich mit Andy Fraser auf „Mr. Big“ eines der packendsten Duelle Gitarre vs Bass der Rockgeschichte. Paul Kossoff war Gitarrist von Free, zwischen 1968 und 1972 eine der führenden Bands des britischen Blues-Rock.
Mit 15 Jahren hörte er Eric Clapton und kaufte sich eine Gibson Les Paul. Mit 16 begann er, Blues-Piano-Spieler Champion Jack Dupree bei Konzerten zu begleiten, und mit nicht einmal 18 Jahren gründete er gemeinsam mit Paul Rodgers, Andy Fraser und Simon Kirke Free.
Paul Kossoff, genannt Koss, spielte immer mannschaftsdienlich. Keine überlangen Soli, sondern er blieb der Melodie eines Songs treu. Ein Journalist schrieb später über ihn: „Es ist oft der Raum zwischen den Noten, der genauso wichtig ist wie die Noten selbst.“ Und Menschen, die mehr vom Gitarrenspiel verstehen als ich, bezeichneten ihn als „Meister des Vibrato“. Dadurch wurden seine Soli gefühlvoller und lyrischer als fast alle anderen.
Bereits mit 15 Jahren begann Kossoff Drogen zu nehmen – vor allem das schwere Sedativ Mandrax. Als Free nach den schwachen Verkäufen des vierten Albums „Highway“ zu bröseln begann, wurde Kossoffs Konsum stärker. „Er war ein sanftmütiger und generöser Kerl. Das machte ihn zu einem einfachen Ziel“, sagte Wegbegleiter John „Rabbit“ Bundrick später. Auf dem letzten Free-Album „Heartbreaker“ 1972 wurde er deshalb nur mehr als Gastmusiker aufgeführt.
Dann zerbrach die Band und Kossoff spielte in den Island-Studios Jam-Sessions mit verschiedenen Musikern, woraus sein einziges Solo-Album „Back Street Crawler“ entstand. „Molten Gold“, von Koss allein komponiert, ist eigentlich ein verspäteter Free-Song, denn er spielte ihn mit Rodgers, Fraser und Kirke ein. Trevor Burton von The Move schaute im Herbst 1973 ebenso vorbei wie Yes-Schlagzeuger Alan White oder der Sänger Jess Roden. Auch Rabbit Bundrick oder Tetsu Yamauchi, die beide zeitweise mit Free arbeiteten, wirkten mit.
Es sind nur fünf Tracks auf dem Album, drei davon Instrumentals. Auf „Time Away“ spielt Koss mit seinem Jugendfreund John Martyn an der zweiten Gitarre lyrischer als jemals zuvor. Das abschließende Titelstück ist ein wunderbarer kompakter Instrumental-Track.
Es ist aber das die gesamte erste Seite der LP einnehmende „Tuesday Morning“, das zu Kossoffs absolut eindrucksvollstem Vermächtnis zählt. Auf einem vorwärtsstürmenden Rock-Riff basierend zeigt Koss noch einmal, was ihn so einzigartig machte. Fast 17 Minuten lang und sie sind viel, viel zu kurz. Er rockt geradlinig vorwärts, er nimmt Tempo raus und lässt seinen einzigartigen Gitarrenton lange wirken, er wird wild, er wird fordernd, er wird nachdenklich, er begehrt auf, er resigniert und er leidet. Langsam klingt das Stück aus und kulminiert doch in den letzten drei Sekunden in einem einzigen, für Koss so typischen Ton.
Mit 25 Jahren – selbst für den „Club 27“ zu jung – erleidet Paul Kossoff in einem Flugzeug einen Herzstillstand aufgrund seines exzessiven Drogen- und Medikamentenkonsums. Der Rolling Stone reihte ihn auf Platz 51 der größten Gitarristen aller Zeiten, noch vor David Gilmour oder Eddie Van Halen. Kollegen wie Eric Clapton, Peter Green, Brian May oder später Joe Bonamassa würdigten seinen unvergleichlichen Sound. Richard Digby-Smith, Studio-Engineer bei Island, erinnerte sich: „That guitar and him were as one. As another guitarist picked up Koss´ Les Paul, switched on his Marshall amp, it started howling and feeding back. The fact is that nobody but Kossy could play that guitar through that amp.” Seit 1975 schweigen alle drei, aber sein Album “Back Street Crawler“ bleibt.
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