Freitag, 4. November 2022

Michael Hurley, Unholy Modal Rounders, Jeffrey Frederick & The Clamtones - "Have Moicy!"

 

Michael Hurley, Unholy Modal Rounders, Jeffrey Frederick & The Clamtones – „Have Moicy!“

Rounder Records 1976

Wenn sich neun Querköpfe aus der US-Folk-Szene zum ersten Mal treffen, um innerhalb von drei Tagen ein Album aufzunehmen und dafür ein Budget von 1500 US-Dollar zur Verfügung haben, wird man das Ergebnis im Normalfall als „Ja danke, klingt eh interessant“ ablegen und kein zweites Mal hören.

Im Fall von „Have Moicy!“ entstand ein unerwartetes Meisterwerk. Robert Christgau, Plattenkritiker der New Yorker „Village Voice“ bezeichnete es als „Greatest Folk Album of the Rock Era“ und reihte es später unter seine besten Platten der 70er Jahre. Gleich nach Eric Claptons „Layla“ und noch vor „Exile on Main Street“ der Stones, damit wir wissen, von welcher Kategorie wir hier reden. Es kaufte dennoch niemand. Kein Wunder bei diesem Bandnamen.

Es trafen sich also 1975 Michael Hurley, bekannt von … ja, ziemlich nichts, mit dem ebenso außerhalb von New York unbekannten Folk-Psychedelia-Trio Holy Modal Rounders sowie Jeffrey Fredericks mit seinen Clamtones, die etwas rocklastigeren Folk als die anderen, aber ebenso erfolglos produzierten. Die Rounders benannten sich für diese kurze Zusammenarbeit gleich in Unholy Modal Rounders um.

Jeder hatte einige Songs und seine Instrumente mit. Es dominierte das traditionelle Folk-Instrumentarium: Akustische Gitarre, Fiddle, Waschbrett, Mandoline mit ein wenig Bass und Händeklatschen zu den dezenten Drums. Unter den Songs befanden sich allerdings etliche ungewaschene und unpolierte Juwelen, die man in den knapp drei Tagen mit jeder Menge Spielfreude in ihre Fassungen einfügte. „Sweet Lucy“ von Michael Hurley würde bereits allein den Kauf des Albums mehr als rechtfertigen.

Die skurrilen Texte springen von Bankraub über verschwundene Hamburger bis zu eifersüchtigen Vätern und die Mitternachtsstimmung in Paris, sie sind jedoch sekundär. Die Melodien sind so exzellent, die Einspielung so charmant und ausgelassen, dass sich der Spaß, den die neun für drei Tage hatten, auf die Hörer auch noch fast 50 Jahre später mühelos überträgt. Sollte man jemals das Bedürfnis nach seelischer Aufmunterung in 40 Minuten verspüren, dieses Album ist eine Bank dafür. Die Wirkung setzt sogar noch früher ein.

Ein Rezensent bezeichnete es auf „Allmusic“ als „The greatest front porch sittin‘, dog barkin‘, screen door squeakin‘, hammock swingin‘, mason jar swiggin‘, skillet lickin‘ album of all time.” Das trifft es ebenso.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ambrosia - s/t

  Ambrosia – s/t 20 th  Century Records 1975 Prog-Rock hatte 1975 für mich – mit 16 Jahren – einen schweren Stand. The Who zeichneten „By Nu...