Fashion – Fabrique
Arista 1982
In der Zeit von Punk und Post-Punk – also von 1976 bis tief hinein in die 1980er – war immer eine Brücke zur schwarzen Musik offen. Zuerst näherten sich britische Bands wie The Clash oder The Ruts und in New York Patti Smith auf ihrem Debut-Album „Horses“ mit dem Song „Redondo Beach“ dem Reggae. Zwei, drei Jahre später entdeckten Madness, The Specials oder The Selecter den ebenfalls aus Jamaica stammenden Ska. Parallel dazu gab es auch erste Annäherungen an den Funk. In New York waren es Bands wie James White and the Blacks, die James Brown, den “Godfather of Funk,” verehrten.
In Großbritannien näherte man sich weniger offen verehrend: Auf der einen Seite über die ganze Rhythmus-Sektion wie bei der Pop Group und ihrem Anarcho-Punk-Funk oder ganz subtil über den Bass wie bei Gang of Four oder A Certain Ratio. Ein wenig später griffen auch die von der New Wave-Seite zum Pop drängenden Bands diesen Einfluss auf: ABC, die frühen Spandau Ballet oder eben auch Fashion.
1978 in Birmingham als Post-Punk-Band gegründet, brachten sie ein Jahr später ein völlig unbeachtetes Debut heraus. Sie brauchten drei weitere Jahre und einige Umbesetzungen, bis es zu einem Nachfolger reichte. Die gerade aufgekommene New-Romantics-Bewegung verschaffte ihnen noch einmal das Trittbrett für einen Plattenvertrag – und das gleich beim US-Label Arista.
Für „Fabrique“ wurde ihnen der Deutsche Zeus B. Held als Producer zur Seite gestellt. Bernd Held fing als Band-Mitglied der Kraut-Rocker Birth Control an und schuf dann mit Gina X Performance ein eigenes Elektropop-Dance-Projekt. Seine Erfahrungen und seine Synthies nahm er mit zur Arbeit mit Fashion und legte den von ihm produzierten Sound irgendwo zwischen Trevor Horn und Giorgio Moroder an. Breitwand-Elektro-Pop mit Blick auf die Tanzfläche.
Die Band lieferte dazu die besten Kompositionen ihrer Karriere, die Held irgendwo zwischen Disco-Pop, Electro-Funk und New Romantics pendeln ließ. Auch David Bowie aus den frühen 80ern schaut manchmal um die Ecke. Man sieht, sie schafften es leicht, zwischen allen Stühlen Platz zu nehmen. Für die 13 noch verbliebenen Fans aus Post-Punk-Tagen war Zeus B. Held undenkbar. Für die Disco waren sie doch ein wenig schräg, für die New Romantics ihr Look wohl zu bieder. Es reichte für zwei UK-Charts-Platzierungen rund um Platz 50 und einer späten Aufnahme eines Tracks in den Soundtrack der US-Serie „Miami Vice“.
Was bleibt, ist ein Album mit einigen hervorragenden Songs und einem Sound, in dem die Synthesizer grooven und Martin Recchi an der Bassgitarre die Slap-Technik ausreizt. In den besten Momenten wirklich großes Kino irgendwo zwischen Duran Duran, Heaven 17 und Level 42.